nacht oh

Andreas Pfister über Omri Ziegele mit Yves Theiler: Night oh Night (22.27 – 23.25 Uhr)

ein flügel ein mann
ein mann ein saxophon
ein flöte
ein tuch eine brille
eine bühne
licht

aus luft
kommt ein klang entsteht
am anfang ist sanftes wehen
das blechinstrument
in raum ort und zeit

knarrender boden im
walcheturm
klappen und klangfarbe
saxophon
hornbrille mann ein mit
am klavier

ein mann mit seinem instrument
ein tuch als kopfschmuck
atmet bläst
holt aus dem nichts
von weit her einen ton
töne

am flügel der andere
streng mit hornbrille legt
eine fläche auf der das saxophon
sich bewegt
nimmt auf variiert gibt zurück
geht weiter übernimmt den lead
bis wieder

zwei männer mit ihren instrumenten
im zentrum auf dem boden
der bühne
des walcheturm

ein saxophon weisser flügel
streng frisiertes haar eine hornbrille
schweinwerfer licht
besetzen den raum frontal
fast einfach klar ehrlich zart

und stark
drängend jetzt das tempo die
lautstärke
alle töne geräusche
was ein saxopbon sein kann
gehaucht geschmettert geschränzt
eine ahnung der
unglaublichen breite von möglichkeiten

das auch ist ein saxophon
so auch klingt ein klavier
luft klang stimme

dabei streng die männer bleiben
an den tasten keine elektronik
nichts anderes
nur die performance des auftritts
das konzert als handlung
die körper der musiker als
material ihre professionalität
ihre energie als inhalt

stark ist das
einfach und unbedingt
schnörkellos
um an diesen punkt zu kommen
ein zwei ganze leben

das tuch wird ausgezogen jetzt die flöte
die stimme
auch hier sprechen singen
hauchen rufen wimmern
verstummen

führt selbst aus
als geweihter als mensch
von hand von körper von haar
im moment der unschuld
der entstehung
mit pathos am nullpunkt
die drehung der heiligen nacht

knarrender boden im
weltenall
längste nacht publikum
walcheturm
mann ein mit hornbrille
am klavier

kurz nur der einblick in ein
riesiges schaffen eine
phantastische klaviatur eine
unendliche erfahrung

performance ohne performance
eine erinnerung ans ganz alte
handwerk an meisterschaft
an würde durch können

beugend kniend windend
pressen locken die töne aus dem
instrument körperliches
spiel bis auf die knie

schweisstreibend dabei präzise
zwei männer zwei profis im
vollbesitz ihrer
kraft ihres intellekts ihres
bewusstseins

keine witzchen kein absschweifen
kein spiel
dringlich notwendig fraglos

knarrender boden und
am klavier
regennacht schweinwerfer
saxophon
kopfschmuck und hornbrille
walcheturm

und der klang wird wieder luft
verhallt wird material
atem blech und holz

kehrt zurück von der bühne
schwebt löst sich auf
über den dächern der häuser
den bäumen dem üetliberg
wird wolke himmel

endet still im unendlichen
dem er entliehen
für eine zeit
diese zeit
und wir danken
wir ahnen
applaus

 

 

 

 

 

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